• Aktuelles

Im Gespräch mit dem Kunstfonds-Vorstand


Der Kunstfonds befindet sich aktuell in einem Relaunch-Prozess: Die regulären Förderprogramme werden – auf Basis bisheriger Förderdaten, der Erfahrungen aus NEUSTART KULTUR sowie einer unabhängig durchgeführten Evaluation – reflektiert. Ein guter Anlass für ein Gespräch mit dem Vorstand, dem die Künstler:innen Monika Brandmeier, Bjørn Melhus und Frank Michael Zeidler angehören, über aktuelle Themen und Perspektiven.

Lassen Sie uns mit dieser Frage starten. Was ist Ihre Motivation, sich für den Kunstfonds zu engagieren?

Monika Brandmeier (MB): Ich fühle mich verbunden mit dem Kunstfonds. Anfang der 1990er Jahren erhielt ich als Künstlerin eine Förderung, danach habe ich als Jurymitglied die andere Seite kennengelernt, was ich sehr bereichernd fand. Dazu hatte ich bei Auslandsreisen beobachtet, welches Manko es dort in der Kunstförderung gab, und fand es großartig zu sehen, wie gut der Kunstfonds in Deutschland funktionierte. Der Kunstfonds ist bis heute eine wichtige Institution: Er agiert unabhängig, und Kunstschaffende besetzen die Entscheidungspositionen.

Bjørn Melhus (BM): Ich habe den Kunstfonds bereits vor knapp 20 Jahren als Jurymitglied kennengelernt. Hier habe ich die Abstimmungsprozesse immer als sehr bedacht und ausgewogen erlebt, das ist keine Selbstverständlichkeit. Und ich habe gesehen, wie viel Unterstützung die Kunstszene durch den Kunstfonds erfährt. Seitdem bin ich großer Fürsprecher. In den letzten drei Jahren sind wir aufgrund der Corona-Pandemie durch stürmisches Gewässer gefahren. Ich möchte jetzt nach vorn blicken, um den Kunstfonds mit den gesammelten Erfahrungen wieder in ruhigere Fahrwasser zu führen.

Frank Michael Zeidler (FMZ): In meiner Funktion als Vorstandsmitglied bin ich das Bindeglied zwischen der Stiftung Kunstfonds und der VG Bild-Kunst, die den Kunstfonds mitfinanziert. Die Arbeit im Vorstand ermöglicht mir den Einblick in alle Stiftungsthemen, gleichzeitig bekomme ich die aktuelle künstlerische Praxis gespiegelt. Was passiert in der bundesweiten Kunstszene? An welchen Themen arbeiten Künstler:innen? Wie formuliert sich das künstlerische Schaffen augenblicklich?

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie im Relaunch-Prozess, in dem sich der Kunstfonds aktuell befindet?

MB: Zunächst bin ich neugierig auf die Evaluationsergebnisse. Aber eine Chance wird sein, dass wir als bundesweit agierende Institution zum einen neue Impulse setzen und zum anderen dort fördern können, wo es Lücken in der Förderlandschaft gibt. Herausfordernd ist, dass die Kunstszene prekärer geworden ist. Ein Beispiel: Die Idee, dass eine Jahresförderung allein den Anschub in ein selbstständiges Künstler:innen-Dasein ermöglicht, funktioniert nicht mehr. Wir müssen neue Formate entwickeln.

BM: Dem kann ich mich anschließen, die Entwicklung neuer Formate ist Chance und Herausforderung zugleich. Wir haben beispielsweise mit dem Kickstarter-Zuschuss ein NEUSTART KULTUR-Programm für Absolvent:innen von Kunsthochschulen erfolgreich umgesetzt. Viele machen einen tollen Abschluss, können sich danach aber nicht etablieren. Die Erfahrung aus diesem Programm ist ein Baustein von vielen, anhand derer wir unser reguläres Programm weiterentwickeln möchten. Gleichzeitig ist der Prozess eine Möglichkeit, unser Profil zu schärfen: Was sind die zentralen Aufgaben des Kunstfonds und worauf setzen wir, bewusst und vor dem Hintergrund begrenzter Mittel? Bei der Künstler:innenförderung und bei der Betreuung von Vor- und Nachlässen in unserem Künstler:innenarchiv sehe ich Schwerpunkte.

FMZ: Ich würde mir wünschen, dass der Kunstfonds zu seiner eigentlichen Zielsetzung zurückkehren kann: Dies ist aus meiner Sicht die Exzellenzförderung, also die Förderung von Kunst mit bundesweiter Strahlkraft. Viele Themen, wie ein Grundeinkommen für Kunstschaffende, werden aktuell diskutiert. Das unterstütze ich grundsätzlich, aber der Kunstfonds ist für diese Debatte nicht der richtige Ort, diese muss in den Verbänden geführt werden. 

Gibt es Themen, die Sie vorantreiben möchten?

BM: Ohne Zweifel gab es in den letzten Jahren viel Lob, aber auch einiges an Kritik am Kunstfonds. Wir nehmen Feedback auf und diskutieren dazu im Vorstand wie auch im Stiftungsrat. Auf dieser Basis alles einmal abzuklopfen, das ist unsere Aufgabe. Ein Beispiel: Es gibt die Forderung nach mehr Diversität in unseren Jurys und hier sagen wir ganz klar, dass wir uns weiterentwickeln wollen: Die Gesellschaft muss sich in den Jurys widerspiegeln. Diese Prozesse sind bei uns angestoßen und müssen jetzt wachsen. Hier sind auch unsere Mitgliederverbände gefragt, die unseren Stiftungsrat ausmachen und Mitglieder für die Jurys vorschlagen. Diese müssen die Diversität in den eigenen Reihen stärken und mehr Menschen für die Verbandsarbeit motivieren.

MB: Das kann ich unterstreichen: Künstler:innen müssen sich in die Verbände einbringen. Der Kunstfonds basiert auf dem Zusammenwirken seiner Mitgliederverbände und wenn in diesen nicht genug Menschen mitmachen, dann macht sich das auch in den Kunstfonds-Gremien bemerkbar.

FMZ: Der Kunstfonds sollte auch weiterhin die Formen von Kunst unterstützen, die jenseits eines Mainstream-Kunstmarkts stattfindet, denn der Markt ist nicht der alleinige Spiegel der Kunstszene. Und die ältere verdiente Künstler:innenschaft darf nicht aus dem Blick geraten. Diese hat es oft schwerer, Förderungen zu erhalten.

 

Ende Mai 2023 wählten die acht Mitgliederverbände des Stiftungsrates die Künstler:innen Monika Brandmeier, Bjørn Melhus und Frank Michael Zeidler für eine weitere Amtszeit in den Vorstand der Stiftung Kunstfonds:

Monika Brandmeier ist Sprecherin des Kunstfonds-Vorstandes, Künstlerin und Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Dresden.

Bjørn Melhus ist Videokünstler sowie Professor für Bildende Kunst und Virtuelle Realitäten an der Kunsthochschule Kassel.

Frank Michael Zeidler  ist Maler sowie Mitglied im Verwaltungsrat der VG Bild-Kunst.

Aktuelle Meldungen