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Ulrike Grossarth

Foto: Stefan Kiełsznia, ulica Nowa 17, Lublin 1930er Jahre, Foto: David Brandt, Ulrike Grossarth, Running Lubartowska, Dresden 2010, © Ulrike Grossarth
Foto: Stefan Kiełsznia, ulica Nowa 17, Lublin 1930er Jahre, Foto: David Brandt, Ulrike Grossarth, Running Lubartowska, Dresden 2010, © Ulrike Grossarth

In bildnerischen und plastischen Werken, in Tänzen und Solostücken, in Videofilmen, Aktionen und Seminaren, hat sich Ulrike Grossarth (*1952) immer wieder mit den geistigen, unbewussten und mentalen Grundlagen unserer Kultur und ihren Repräsentationsweisen auseinandergesetzt. Ihre Arbeiten sind von dem kontinuierlichen Dialog mit den ästhetischen und erkenntnistheoretischen Grundlagen der Moderne beeinflusst.

Nach Tanz-Ausbildungen in Köln, Essen, Dresden und London waren ihre Arbeiten bis 1987 vorwiegend von Performances und Tanzaufführungen sowie der Konzeption und Durchführung von Aktionen geprägt. Nach dieser Zeit entwickelte sie bildnerische und plastische Werkkomplexe.

Dabei überträgt Ulrike Grossarth die ihr „durch die tänzerische Bewegung selbstverständliche raum-zeitliche Wahrnehmungs- und Denkweise auf das Feld der bildnerischen und plastischen Entstehungsprozesse“ (Ulrike Grossarth in: 1,2,3,4,5 – Umgebung, Arbeiten 1986-2005, Köln 2006).

Ende 2020 übergab Grossarth einen Vorlass ausgewählter Arbeiten aus allen Werkphasen an das Künstler:innenarchiv der Stiftung Kunstfonds. Die Umstände des künstlerischen Entstehungsprozesses und die Flüchtigkeit von Aufführungs-Momenten sollen in Ergänzung zum bildhauerischen und zeichnerischen Oeuvre festgehalten und als Themenspeicher zur Verfügung gestellt werden. 

Das 2001 entstandene „Leibniz-Projekt“ ist eines der ersten Werke, das Ulrike Grossarth an das Archiv übergeben hat. In dieser bildhauerischen Installation beschäftigt sich die Künstlerin mit dem Monadenbegriff von Gottfried Wilhelm Leibniz und nimmt ihn zum Anlass für eine Befragung, welche Rolle er der Physis einräumt und inwiefern Form, Gestalt und Figur von Bedeutung in seinen philosophischen Erörterungen sind. Aus der Frühphase ihres Werks plant die Künstlerin eine Übergabe von Fotos zu ihrer tänzerischen Arbeit, dazu Konvolute von Entwürfen und Zeichnungen aus der Zeit zwischen 1987 und 2004. Anfang der 1980er Jahre entstand das Projekt FIU – einer Essener Zweigstelle der Free International University, die Joseph Beuys 1977 auf der documenta 6 ins Leben gerufen hatte, um im freien Diskurs einen Gestaltungsbegriff zu entwickeln unter Verwendung „plastischen Denkens und Sprechens“. 

Ab 2006 reiste Grossarth wiederholt nach Lublin in Süd-Ost-Polen, das vor der deutschen Besatzung durch die Nationalsozialisten eines der Zentren jüdischen Lebens war. Unter Einbeziehung von Zeit und Raum entstanden auf der Grundlage von literarischen, fotografischen und architektonischen Quellen zusammen mit Studierenden der Dresdner Akademie, an der Grossarth seit 1998 lehrte, ihre umfassenden polnischen Projekte. Objekte und Dokumente davon werden von Ulrike Grossarth in Zukunft an das Künstler:innenarchiv übergeben.

Ulrike Grossarth war 1997 Teilnehmerin an der documenta X mit ihrem Werk Bau I und erhielt 2009 den Käthe-Kollwitz-Preis. Ihr Werk ist in zahlreichen nationalen und internationalen Sammlungen vertreten. Seit 2014 ist sie Mitglied der Akademie der Künste Berlin, 2019 wurde ihr die Medaille der Stadt Lublin überreicht.